Um gefahrlos mit einem Pferd umgehen zu können, müssen
wir uns zunächst einmal ansehen, wie Pferde miteinander kommunizieren. Hierbei ist natürlich die Rangordnung entscheidend, doch kurz zusammengefasst weichen sie dem körpersprachlichen Druck oder
besser der Präsenz des anderen.
Und hier beginnt meist schon die schwierigste Lerneinheit
des Menschen. Er muß sich seines körpersprachlichen Ausdrucks bewusst werden und ggf. daran arbeiten.
Wem dieses Themas bewusst ist, der weiß auch, dass
Pferdeausbildung nicht erst in der Reithalle beginnt.
Ob ich möchte oder nicht, spätestens in dem Moment, in
welchem ich den Stall oder die Weide... meines Pferdes betrete, kommuniziere ich. Nicht zu kommunizieren geht nicht. Auch wenn wir nichts sagen, kommt ganz viel bei unserem Pferd an. Die Natur hat in
dem Herden- und Fluchttier Pferd ganz feine Sensoren eingebaut. Pferde erkennen blitzschnell, in welcher Verfassung ihr Gegenüber gerade ist. Sie leben in dem Moment und die Evolution hat gezeigt,
dass sich das frühzeitige flüchten bewährt hat. Um so interessanter und schöner ist es, wenn es uns gelingt, dass Vertrauen eines Pferdes zu gewinnen. Wenn dieses keinen Gedanken mehr daran
verschwendet evtl. fliehen zu müssen und uns diese Entscheidung überläßt, dann haben wir uns als souveräne Führungspersönlichkeit bewährt. Unser Pferd kann sich entspannen, kann denken und lernen und
hat Spaß daran mit uns etwas zu unternehmen.
Sind wir in der Lage, mit dem Pferd bis zur Reithalle,
dem Reitplatz oder gar alleine ins Gelände gehen zu können, ist schon ein großer Ausbildungsabschnitt geschafft.
Kommunikation ist Signalvereinbarung.
Um kommunizieren zu können, benötigen wir eine
gemeinsame Sprache, gemeinsame Signale. Diese Signale benötigen wir zur Grunderziehung unseres Pferdes, als auch zur weiteren Ausbildung und Gymnastizierung.
Wie bereits erwähnt, senden wir mit unseren Körper
Signale und hin und wieder macht es auch Sinn eine Gerte, als Armverlängerung, hinzu zu nehmen. Das Pferd darf keine Angst vor einer solchen Gerte haben, sollte aber dennoch lernen dem Druck dieser
zu weichen.
Zur Grunderziehung eines Pferdes sind folgende
Signalvereinbarungen / "Knöpfe" notwendig:
1. Kopf tief: Sinnvoll nicht nur beim
Aufhalftern. Wissen wir doch mittlerweile durch zahlreiche Untersuchungen aus dem Fachbereich der Neurologie,
dass die Kopfposition mit
verantwortlich für die Hormonausschüttung des Pferd
es ist. Dies im Detail zu
erläutern, wäre an dieser Stelle zu viel. Kurz gesagt bedeutet „Kop
f hoch“ Anspannung, Alarm,
Fluchtreflex und „Kopf tief“ Entspannung, Zuhören können, lernen können. Das Signal hierzu kann, neben dem eigenen Abbau von Körperspannung, der Druck zunächst mit der Hand / den Fingern im Genick
des Pferdes ausgelöst werden und im weiteren Verlauf auch über das Halfter oder dem Kappzaum erfolgen.
2. Hinterhand verschieben: Wende ich
meinen Blick in Richtung Hinterhand und bewege mich auf sie zu, möchte ich, dass das Pferd mir mit der Hinterhand ausweicht. Reicht dies nicht, kann die Gerte waagerecht Richtung Oberschenkel des
Pferdes zeigend zur Verstärkung eingesetzt werden.
3. Vorhand verschieben: Um nicht von
einem Pferd weggeschubst zu werden, sollte dies auch meinem körperlichen Druck, evtl. mit Zuhilfenahme der Gerte, weichen.
4. Vorwärts gehen: neben dem
körpersprachlichen Signal, welches je nach Situation etwas
unterschiedlich aussieht, sollte es auch hier ein
Stimmsignal geben. In meiner Arbeit mit den
Pferden hat sich das einmalige Schnalzen bewährt.
Reicht dies nicht, nehme ich die Gerte in
Richtung Gurtlage zur Hilfe. Dies ist der Ort, an
welchem auch der vorwärtstreibende
Reiterschenkel später zu Einsatz kommen wird.
5. Rückwärtsrichten: Gehe ich souverän
(mit aufrechtem Gang und klarer Idee) und Blickrichtung auf das Pferd in Richtung Brust zu, möchte ich, dass es rückwärts richtet und mir weicht. Reicht dies nicht, kann ich die Gerte waagerecht vor
der Brust zur Verstärkung einsetzen.
Entscheidend ist bei jeglicher Signalvereinbarung das
Timing!
Der Wechsel zwischen Druck - Druckabbau und Lob ist von
enormer Bedeutung!
Es ist nicht nur wichtig zu prüfen in welcher Verfassung
wir uns gerade selber befinden, sondern auch innerhalb weniger Sekunden zu erkennen, wie viel Druck/Präsenz für das jeweilige Pferd vielleicht auch schon zu viel sein könnte.
Unser Ziel ist es, mit unserem Pferd ganz feine Signale
zu verabreden. So fein, dass sie kaum sichtbar sind. Nicht nur, dass ganz häufig „geflüsterte“ Signale deutlich aufmerksamer wahrgenommen werden als lautes Überschütten durch eine Vielzahl an
Signalen, so kann ein zu hoher Druck das Pferd gar verängstigen.
Es soll sich nicht vor uns fürchten! Eine Fremdsprache
erlernen wir Menschen schließlich auch nicht, indem man uns die Vokabeln ins Gesicht schreit. Das richtige Maß an Druck, evtl. Druckverstärkung und in jedem Fall, ein verlässlicher und sofortiger
Druckabbau mit sofortigem Lob, sobald das Pferd an die richtige Lösung denkt, sind Garant dafür, dass unser Pferd die Vokabeln schnell lernt und Spaß daran hat.
Lernen lehren ist eine interessante Aufgabe!
Auch dies sollte sich jeder Mensch, der mit Pferden
umgeht bewusst sein.
Die Länge einer Lehreinheit gut zu bestimmen ist
ebenfalls von großer Bedeutung.
Konzentrationsfenster sind bei jedem Lebewesen
unterschiedlich groß, können aber auch
durch gutes Timing mit der Zeit verlängert werden.
Haben wir vorgenannte Signale vereinbart und es
geschafft, dass uns unser Pferd
vertrauensvoll folgt,beginnt jetzt der Teil der
Gymnastizierung, welche aus unserem Pferd
evtl. auch ein Reitpferd machen kann.
Vorgenannte Signale kann ich vielseitig für diverse
Seitengänge an der Hand, bei der Arbeit
an der einfachen Longe, am langen Zügel oder auch als
Vorbereitung für den Einsatz
unter dem Sattel einsetzen.
Ganz gleich welche Aufgabe wir für unser Pferd vorsehen,
vorgenannte 5 Signale sind
unerlässlich für ein angenehmes Miteinander.